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Martina Michels MdEP

EU-Urheberrechtsreform: Fragwürdige Marktbereinigung statt fester Grundrechte

„Eine Reform und vor allem auch eine Harmonisierung des europäischen Urheberrechts wäre nötig gewesen und hätten wir auch sehr begrüßt, denn wir sind uns einig, dass das Urheber- und Urheberinnenrecht an das 21. Jahrhundert angepasst werden muss. Doch es votierte eine Mehrheit des Plenums dafür, sich weiterhin im 20. Jahrhundert zu verstecken: Naive Technikgläubigkeit und härtester Lobbyismus von Springer & Co. haben dazu geführt, dass wir jetzt mit einer Richtlinie konfrontiert sind, die die Meinungsfreiheit bedroht, die Medienpluralität einschränkt und den meisten Kreativen keinen Cent mehr bringen wird. Dass eine Mehrheit der Abgeordneten den Sinn von Memes oder Parodien infrage stellt, kann nicht der Weisheit letzter Schluss für ein Gesetz sein, das die künftige gesellschaftliche Kommunikation in Schranken weist. Am Ende werden die heute getroffenen Entscheidungen die großen Plattformen sogar noch reicher machen als sie ohnehin schon sind, weil sie ihre Uploadfilter-Technologien massenhaft in Lizenzen weiterverkaufen können und werden.“

„Wir haben verpflichtende Uploadfilter, wie sie in Artikel 13 (jetzt 17) vorgeschlagen sind, von Beginn an abgelehnt. Sie können urheberrechtlich geschützte Werke nicht eindeutig identifizieren und vor allem nicht unterscheiden, ob sie nur zitiert, parodiert, nachgeahmt oder in einem Remix neu geschöpft werden. Vor allem geht es hier auch darum, private, meist US-amerikanische Unternehmen mit der privaten Rechtsdurchsetzung zu beauftragen, damit sollen Facebook, Google & Co. künftig darüber entscheiden, was rechtens und was Unrecht ist. Uploadfilter und private Rechtsdurchsetzung sind jedoch die falschen und gefährliche Mittel der Wahl, um mehr Einkünfte für Kreative zu generieren.“

„Ähnlich absurd finden wir die ‚Linktax‘ auf anmoderierende Presseartikel (Leistungsschutzrecht). Deutschland wie Spanien haben den Praxistest so offensichtlich an die Wand gefahren, dass es eine europäische Lösung auf diese Weise nicht besser machen wird. Zahlreiche Medien - darunter auch ZEIT ONLINE oder die TAZ - veröffentlichten im letzten Jahr die Zahlen ihres Traffics: Zwischen 40 und gar 80 Prozent des Traffics dieser Online-Medien wird durch Google oder die ‚sozialen‘ Netzwerke generiert. Wenn dieser Strom abbricht, werden die Gehälter der Kreativen sicher nicht anwachsen. Hier werden also Brücken eingerissen, ohne Alternativen aufzubauen.“

„Der Fokus auf diese beiden Artikel und deren Konfliktfelder hat überdies eines der Anliegen der Reform - nämlich vernünftige Ausnahmen für Kulturerbe, Bildung und Wissenschaft europäisch zu harmonisieren - völlig in den Hintergrund geschoben, obwohl ich mir auch hier viel mehr gewünscht hätte.“

„Last but not least: Die Artikel, die Kreativen eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Verwertern gebracht hätten, wurden im Trilog abgeschwächt. Es gab viele Gründe, heute gegen die Artikel 13 (jetzt 17) und Artikel 11 (jetzt 15) zu stimmen. Man kann fair und ehrlich Interessen abwägen, aber Meinungsfreiheit lässt sich nicht in einen Ausgleich zu Eigentumsrechten bringen. Beide Rechtsgüter sind in einer Richtlinie zu garantieren. Genau das ist hier aber nicht gelungen. Es wurden die Bedenken von über fünf Millionen Bürginnen und Bürgern ignoriert, von Verbänden, in denen auch Kreative organisiert sind, von Wissenschaft und NGOs. Egal, wie Uploadfilter im Artikel 13 (17) umschrieben werden: Kleinere Provider können nicht mit der ganzen Welt Lizenzen aushandeln. Das ist absurd und unrealistisch. Die kostspielige Filterpflicht bleibt. Plattformregulierung sieht anders aus: Digitalsteuer, ethische Algorithmen, strenges Kartellrecht. Deshalb haben alle sieben Abgeordneten der LINKEN im EP das Ergebnis des Trilogs abgelehnt, wie bereits im September im Plenum. Es geht nicht um Marktbereinigung, sondern um die freie Kommunikation im 21. Jahrhundert, analog und digital. Und wenn diese bedroht ist, auch wenn nur theoretisch, dürfen wir keine fragwürdigen Kompromisse machen, schon gar nicht, wenn damit die Online-Kommunikation der Zukunft geregelt werden soll.“


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