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Norbert Müller

Zur Einsetzung des zweiten NSU Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag

Am 11. November 2015 hat der Bundestag den von allen Fraktionen gemeinsam getragenen Antrag zur Einsetzung eines zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum NSU einstimmig beschlossen. Unter der Federführung von Clemens Binninger (CDU) und Petra Pau (LINKE) haben sich alle Fraktionen, fernab der klassisch verteilten Koalitions- und Oppositionsrollen darauf verständigt, dass die bisherige Aufklärung der Umstände der Morde des NSU fortgeführt werden muss.

Warum erachteten es alle Fraktionen unisono als zwingend notwendig, erneut das schärfste Schwert parlamentarischer Regierungskontrolle zu bemühen?

Vier Jahr nach dem Tod von Böhnhardt und Mundlos, einem umfangreichen Untersuchungsausschuss im Bundestag ab 2012, einem schier endlosen und noch andauernden Prozess gegen Beate Zschäpe in München, acht Untersuchungsausschüssen in den Ländern Thüringen (2012, 2014), Sachsen (2012, 2014), Bayern (2012), Nordrhein-Westfalen (2014), Baden-Württemberg (2014), Hessen (2014) und diversen wissenschaftlichen Publikationen stellen sich weiterhin Fragen zum Verhältnis zwischen dem NSU, dem Verfassungsschutz und der bundesdeutschen Neonaziszene. Zugespitzt bezeichnete Ralph Giordano das staatliche Handeln als „Blindheit bis an die Grenze der Komplizenschaft“.

Hierzu sei an dieser Stelle Armin Schuster, CDU-Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Bundespolizist in seiner Rede am 11. November vor dem Bundestag zitiert:

„Warum eigentlich diese zweite Auflage? Weil es nicht nur ein Trio war, sondern mehr Täter. Weil wir den Kopf des Trios gar nicht kennen. Die perfide Genialität dieser Verbrechensserien, passen nicht zu den Psychogrammen der Drei, die wir kennen. Immerhin haben sie den Föderalismus an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit gebracht und darüber hinaus. Weil es kein verabredeter Mord war, Selbstmord in Eisenach. Weil die Wohnung in der Frühlingsstraße gar nicht so in die Luft geflogen ist, wie wir es bisher glauben. Weil das Unterstützernetzwerk größer war. Weil die V-Leute-Szene es doch wusste und weil Kiesewetter von mehr als zwei Tätern umgebracht wurde. Sie wundern sich jetzt. Ich kann es nicht beweisen, aber wir alle das Gegenteil auch nicht.“

Laut der Aussagen von Petra Pau soll es über 40 V-Leute im Umfeld des NSU gegeben haben. Nicht nur Vertreter*innen der Linksfraktion stellen sich die Frage, wie viel Naziterror es ohne geheimdienstlich bezahlte Neonazis gegeben hätte. Als Abgeordneter der LINKEN begrüße ich, dass die Aufklärung im Bundestag weiter geht. Auch wenn es an Einigkeit der Fraktionen zur Aufklärung der Sachverhalte nicht fehlt, so gibt es gehörige Unterschiede bei den notwendigen Konsequenzen. CDU/CSU, SPD und Grüne fordern schlagkräftigere Geheimdienste – DIE LINKE steht für die Abschaffung dieser nicht nur ineffektiven, sondern gefährlichen Institutionen.

Als stellvertretender Landesvorsitzender der Brandenburger LINKEN bin ich wiederum froh, dass meine Partei auf ihrem Landesparteitag am 8. November beschlossen hat, dass endlich auch Brandenburg und der Brandenburger Verfassungsschutz die eigene Verantwortung am Naziterror der 1990’er und 2000’er Jahre aufklären will und hierfür beim Koalitionspartner für einen NSU Unterschuss im Landtag wirbt.

In der Präambel des Einsetzungsbeschlusses des Untersuchungsausschusses im Bundestag heißt es:

„Der Deutsche Bundestag bekräftigt seinen Willen und seine Entschlossenheit, seinen Beitrag zu leisten zu einer rückhaltlosen und umfassenden Aufklärung der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“, der ihr zur Last gelegten Straftaten sowie ihres Umfelds und aller Unterstützer, die es den Mitgliedern der Terrorgruppe 13 Jahre lang ermöglicht haben, sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Vieles ist dazu bereits geleistet worden. Abgeschlossen ist die notwendige Aufklärung noch nicht.“

Norbert Müller, Mitglied des Deutschen Bundestages