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Annelies Engert, Angelika Linke, Marlies Dominok (v.l.n.r.)

Politisch-kulturellen Matinee anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung - Ehrung für unsere Genossin Annelies Engert

Die "Sogenannte Anarchistische Musikwirtschaft"
Ehrung für Genossin Engert im Beisein des Bundestagsabgeordneten Norbert Müller
szenische Lesung durch Jugendliche
Posiumsdiskussion zum Thema "Kampf gegen Rechtsextremismus"
Der Berliner Landesvorsitzende Klaus Lederer (l.) im Gespräch mit unseren Genossen

Die Landesverbände Berlin und Brandenburg der Linken hatten zu einer "Politisch-kulturellen Matinee anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung" ins Kino International eingeladen.

Das Programm war ganz besonders anspruchsvoll - erschütternd, berührend, dann optimistisch und positiv. Beiträge wie Musik der "Sogenannten Anarchistischen Musikwirtschaft, eine szenische Lesung mit Werken von Peter Weiss, Marianne Brentzel und Stefan Doernberg durch Jugendliche, eine Podiumsdiskussion  zum Thema "Kampf gegen Rechtsextremismus" wechselte sich mit Ausschnitten aus den Filmen  "Der gewöhnliche Faschismus" von Michail Romm, "Ich war neunzehn" von Konrad Wolf und "Karbid und Sauerampfer" von Frank Beyer ab. Der abschließende Kurzfilm "Samagon" (Selbstgebrannter) versprühte so viel Optimismus und Menschlichkeit, dass alle Anwesenden den Saal mit neuem Mut verließen.

Der Höhepunkt der Veranstaltung war die Ehrung verdienter Antifaschistinnen und Antifaschisten. Dazu gehörte unsere Ludwigsfelder Genossin Annelies Englert, die im Oktober ihr 92. Lebensjahr vollendet.   Dank an die Kraftfahrer nach Berlin, die Genossen Marlies und Rainer Dominok, und an Genossin Linke, die den Kontakt zu Genossin Englert hielt und sie an diesem Tag betreute.

Wir verbinden den Blick zurück mit dem Blick nach vorn. 8. Mai - das heißt für uns wie in jedem Jahr: Wer nicht feiert, hat verloren!

Angelika Linke, Stadtverband Ludwigsfelde

Annelies Englert: Letzte, noch lebende anerkannte Verfolgte des Naziregimes (VdN) in Ludwigsfelde und vermutlich im gesamten Landkreis Teltow-Fläming

Annelies Englert wurde 1923 in Wallroda bei Radeberg geboren. Ihr Vater war Gemeindevertreter und Vorsitzender der KPD im Ort. Er war einer der ersten, die 1933 nach der Machtergreifung durch Hitler verfolgt wurden – konnte sich aber durch Flucht nach Tschechien vorerst der Verhaftung entziehen. Schließlich wurde er doch inhaftiert, saß u.a. elf Jahre im Zuchthaus Waldheim, wurde dann, nach Aufenthalten in Plötzensee und dem KZ Papenburg, in das Strafgefangenenlager Nord in Norwegen bei Tromsö verlegt. Dort wurde er im März 1944 erschossen.

Die Mutter von Genossin Englert, auch Mitglied der KPD, wurde im April 1933 verhaftet. Einige Tage später auch Annelies als 9-jährige. Sie lebte im Waisenhaus, besuchte unter Polizeibewachung die Schule und arbeitete u.a. auf dem Gefängnishof. Im Dezember wurden Genossin Englert und ihre Mutter entlassen und kurz vor Weihnachten gelang ihnen auch die Flucht nach Tschechien. Sie lebten sechs Jahre in der Emigration, bis sie 1939 wiederum verhaftet wurden. Annelies Englert war zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre. Ein Lehrer, Mitglied der KSČ (Kommunistische Partei der Tschechoslowakei), verwendete sich für sie und ermöglichte so den Schulabschluss. Danach besorgte er eine Lehrstelle bei einer Versicherung. Von den tschechischen Genossen bekam Annelies Englert u.a. den Auftrag tschechische Häftlinge aus dem KZ Buchenwald mit dem Bus nach Hause zu begleiten. 1945 kamen Mutter und Tochter mit einem der Transporte nach Deutschland, über Pirna und Gotha ins Auffanglager und dann nach Heiligenstadt. Dort lebten sie einige Jahre.

Genossin Englert lernte an ihren Arbeitsplatz ihren späteren Mann kennen. Er war Kommunist und hatte ebenfalls eine schmerzvolle Vergangenheit, saß u.a. im KZ Papenburg. 1951 ging er nach Ludwigsfelde, ein Jahr später folgte ihm Annelies. Sie arbeitete bei der KWV, beim Berliner Rundfunk und bis zur Rente als Sekretärin. Sie engagierte sich beim Aufbau der DDR und ist bis heute Mitglied der LINKEN im Kreisverband Teltow-Fläming.