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Norbert Müller

Kinderarmut bleibt sozialpolitisches Hauptproblem in Deutschland

Am 11. Januar hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung seinen Verteilungsmonitor zum Thema Kinderarmut in Deutschland vorgestellt. Das WSI kommt zu dem Schluss, dass die Armutsgefährdungsquote von Kindern in den letzten zehn Jahren überwiegend rückläufig ist. Im Jahre 2005 galten in der Bundesrepublik nach den Daten des Mikrozensus 19,5 Prozent der Kinder als von Kinderarmut gefährdet. Im Jahre 2014 lag diese Quote bei 19 Prozent. Über einen Zeitraum von zehn Jahren ging das Risiko bei Kindern, von Armut bedroht zu werden, um 0,5 Prozentpunkte zurück. Allerdings lag die Gefährdungsquote im Jahre 2010 bei lediglich 18,2 Prozent.

Kinderarmut verharrt auf zu hohem Niveau

Die Ergebnisse der Studie zeigen insgesamt keine nennenswerten Erfolge im Kampf gegen Kinderarmut in Deutschland. Weiterhin wächst eines von fünf Kindern unter Bedingungen konkreter Armut auf. Kinderarmut verharrt damit nach wie vor auf einem viel zu hohen Niveau für eines der reichsten Länder der Welt.

Regional leicht unterschiedliche Tendenzen

Sowohl die traditionelle innerdeutsche Ost-West-Armutsgrenze als auch der Gegensatz zwischen armen urbanen und reichen ländlichen Regionen ist massiv aufgebrochen. So ist die Armutsgefährdungsquote von Kindern in Ostdeutschland auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren und in Süddeutschland, wo Kinderarmut traditionell niedriger ist, hat sich die Situation erneut verbessert. Allerdings nimmt die Armutsgefährdungsquote von Kindern in einzelnen Bundesländern zu, so in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Bei Unterschieden zwischen der Oberpfalz mit 9,6 Prozent armer Kinder und Bremen mit 33,1 Prozent kann von gleichwertigen Lebensverhältnissen kaum noch gesprochen werden.

Kinderarmut - Tendenz der letzten fünf Jahre relativiert den Rückgang der Kinderarmut

Die Entwicklung seit 2010 spricht allerdings eine eigene Sprache. So ist in den letzten fünf Jahren eine Zunahme der Kinderarmut zu beobachten. Besonders deutlich wird dies bei der Betrachtung der absoluten Zahlen an von Armut bedrohten Kindern. Trotz der insgesamt abnehmenden Anzahl an Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren gab es in den alten Bundesländern im Jahr 2014 ca. 45.000 Kinder und Jugendliche mehr, die von Armut bedroht waren, als im Jahr 2010. In den neuen Bundesländern waren es 44.000 mehr. Diese Entwicklung ist insgesamt erstaunlich, da seit 2010 die Wirtschaft wächst und die Anzahl an Beschäftigten massiv zugenommen hat. Die Entwicklung der Wirtschaft und der Beschäftigung spiegelt sich nicht in der Entwicklung der Armutsgefährdungsquote von Kindern wider. Ein Mehr an Beschäftigung und Wirtschaftswachstum allein ist also nicht ausreichend, um die sozialen Gegensätze insoweit zu reduzieren, dass die Kinderarmut abnimmt. Hier ist politisches Handeln gefragt. DIE LINKE fordert deshalb den Umbau des Solidaritätsfonds ab 2019 zu einem Fonds für strukturschwache Regionen, um die regionalen Verwerfungen strukturell reduzieren zu können. Um Kinderarmut effektiv zu begegnen, ist es notwendig, den Mindestlohn ohne Ausnahmen auf zehn Euro anzuheben, die Ausgaben in der Sozial- und Bildungsinfrastruktur sowie der Kinder- und Jugendhilfe zu erhöhen und die monetären Sicherungsleistungen auf ein armutsfestes Niveau anzuheben.

Norbert Müller, Mitglied des Bundestages