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Gen. Tobias Schulze spricht über Rot-Rot-Grün in Berlin im Bürgerbüro Ludwigsfelde

Am Montag, 23. Januar 2017 traf sich wieder die Runde der Vorsitzenden der BO's, Ortverbände und des Stadtverbandes Ludwigsfelde, Altkreis Zossen und Trebbin. Zu Gast war der Stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes DIE LINKE Berlin, Genosse Tobias Schulze. Er sprach zur Situation "Rot-Rot-Grün" in Berlin - kompetent, umfassend und verständlich - einfach großartig! Alle Genossinnen und Genossen waren über seine Anwesenheit begeistert - und noch mehr, als er versprach wieder zukommen.

Wem gehört die Stadt? 

Das Ergebnis unserer Umfragen und Strategiearbeit im Vorfeld der Wahlen war: für viele Berliner_innen wird der Alltag im Boomtown wird immer beschwerlicher, die Wohnungsproblematik verschärft sich dramatisch und die Menschen trauten der Landespolitik insgesamt nicht zu, die Probleme der auseinander driftenden Stadt zu lösen. Die Menschen haben das Gefühl bekundet, nicht mehr selbstbestimmt zu leben – egal ob wenig oder viel im Geldbeutel war. Dabei war es genau diese Selbstbestimmung, die jahrzehntelang im Mittelpunkt des typischen Lebensgefühls der Stadt in Ost wie West stand.

Im Strategieteam war uns schnell klar, dass wir diesen wahrgenommenen Verlust an Selbstbestimmung durch die sozio-ökonomische Entwicklung der Stadt zum zentralen Thema des Wahlkampfs machen mussten.

Es ging um die Definition eines neuen Wir: das der Berlinerinnen und Berliner, die ihre Stadt der Liberalität, der Solidarität und des guten Lebens für alle (wieder) haben wollen. Darunter gibt’s viele, deren Unzufriedenheit nicht in eigenes Engagement mündet. Aber auch jene zahlreichen Menschen, die auf ganz verschiedenen Ebenen und auf ganz verschiedenen Arten selber etwas tun. Und die dafür von der Landespolitik Ideen, Tatkraft, Zuhören und Unterstützung erwarten. Uns war klar, dass wir in dieser Stimmungslage mobilisierend, mitreißend und kreativ und Partner für die Aktiven sein müssen. Schließlich wurde daraus der Wahlkampfslogan: „Euch gehört die Stadt!“.

Die Flüchtlingsbewegung seit dem Sommer 2015 brachte dem Vorwahlkampf eine neue, wirkmächtigen Konfliktlinie, die insbesondere im Osten Bewegung in die Gruppe LINKER Wählerinnen und Wähler brachte.  Hier galt es, die Verankerungen unserer Partei in den Helferinitiativen zu nutzen, Probleme etwa mit der Verwaltung, in Unterkünften, in Schulen, Krankenhäusern etc. frühzeitig aufzugreifen und Lösungen anzubieten bzw. einzufordern.

Nach dem Wahlerfolg ging es schnell an die Sondierungen und an die Koalitionsgespräche. Es gab drei Verhandlungsebenen: Fachgruppen (mit insgesamt über 100 LINKEN), die Hauptverhandler (je 8) und eine ganz kleine Runde mit den drei SpitzenkandidatInnen. Die Mitglieder der LINKEN waren eng an die Verhandlungen angebunden und wurden nach jeder Verhandlungsrunde detailliert per Newsletter informiert. Das war gut so, wie die Urabstimmung der Berliner LINKEN über den Koa-Vertrag zeigte: der Landesverband insgesamt machte den Einstieg in ein Regierungsbündnis zu ihrer Sache, nicht einiger weniger Vorständler. Knapp 90 Prozent stimmten für den Vertrag und das bei einer tollen Beteiligung von fast zwei Dritteln.  

Das knapp 280 Seiten dicke Verhandlungsergebnis kann sich sehen lassen. Es ist kein Dokument des Misstrauens, sondern eines des politischen  Gestaltungswillens. Detailliert wurde beschrieben, was die neue Koalition tun will.

Zentral war dabei für DIE LINKE das Thema Wohnen und Mieten, denn am Wohnungsmangel und den explodierenden Mieten manifiestiert sich eine neue soziale Spaltung in der Stadt. Mieten sollen begrenzt und der Neubau auf (auch für Geringverdiener) bezahlbaren Wohnraum orientiert werden. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat eine andere Partei als die SPD das Bau- und Stadtentwicklungsressort, eine große Herausforderung. So bejubelt die Berufung des renommierten  Stadtforschers Dr. Andrej Holm war, so schwierig gestaltete sich die Debatte um seine Biographie. Einerseits steht jeder, der den Milliardeninteressen der Bauwirtschaft etwas entgegensetzen will, unter ungeheurem Druck. Andererseits muss man sich eben wegen dieses Drucks besonders gut auf alle Debatten vorbereiten. Das hat die Koalition, auch unsere Partei unzureichend getan.

Trotz des holprigen Starts sind bereits jetzt Erfolge von Rot-Rot-Grün sichtbar: Geflüchtete ziehen aus Turnhallen in Wohnungen, das Sozialticket wird deutlich billiger, Verordnungen zur Mietensenkung im öffentlichen Wohnungsbestand sind auf dem Weg.

Für viele Menschen war und ist die neue Koalition eine Hoffnung auf mehr Teilhabe und besseres Regieren in der Stadt. Auch angesichts der Opposition aus CDU, FDP und AfD darf und wird sie diese Hoffnungen nicht entäuschen.  

Tobias Schulze, MdA, ist Mitglied des Landesvorstandes der LINKEN Berlin.

Vorwort: Angelika Linke
Zusammenfassung des Vortrags: Tobias Schulze
Fotos: Axel Claus