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B. Semmler
Bürgermeister Igel in der Garagendebatte vor dem blauen Robur des rbb-Fernsehens.

Bert Semmler

Erhalt oder Abriss von Garagenkomplexen in Ludwigsfelde

Hintergründe 

Die zahlreichen Garagenkomplexe wurden ab den 1960er Jahren durch gemeinschaftliche Eigenleistungen aller Nutzer*innen im Zuge des Aufbaus der Neubaugebiete für die Unterbringung der eigenen PKW, Motorräder etc. und deren Reparaturmöglichkeit (auf Bühnen) erbaut. Die Errichtung erfolgte dabei häufig auf fremden Boden und war nach den sozialistischen Rechtsgrundlagen des ZGB (Zivilgesetzbuch der DDR) und dem Bezug zum Eigentum die übliche Verfahrensweise.

Der Grund und Boden, der in der DDR definitionsgemäß keinen Wert an sich besaß und somit auch kein Spekulationsobjekt verkörperte, war in der Regel Volkseigentum, Genossenschafts- oder kommunales Eigentum; die darauf stehenden Garagenkomplexe waren das persönliches Eigentum der jeweiligen Nutzer*innen.

Mit den Verhandlungen zum Einigungsvertrag wurden neben vielen weiteren Fehlern und Unterlassungen auch in Bezug auf die Lösung der Eigentumsfrage von Garagen, Wochenendhäuser etc. zunächst keine Regelungen getroffen, die das persönliche Eigentum der Bürger*innen der DDR mit dem Übergang zum BRD-Recht dauerhaft schützt.

Die Grundstücke hätten eigentlich käuflich auf die Eigentümer*innen der Garagen übertragen werden müssen, um dauerhaften Rechtsfrieden herzustellen.

Dies geschah jedoch nicht, vielmehr wurden die rechtlichen Grundlagen des ZGB der DDR nach dem Beitritt durch die BRD-Regierung einseitig z. B. durch das SchuldRAnpG für das Gebiet der ehemaligen DDR, häufig zum Nachteil der Bürger*innen, ersetzt, denn das Novum des Gesetzgebers (BRD) bestand i. d. R. nicht in einer ausgleichenden Gerechtigkeit zwischen den Vertragsparteien.

Hier liegt die Ursache für die aktuell bestehenden Probleme.

Aktuelle Situation in Ludwigsfelde

Durch den stetigen Zuzug wächst Ludwigsfelde schnell, so dass neben dem Wohnungsneubau auch der Neu- und Ausbau kommunaler Einrichtungen, insbesondere von Kitas und Schulen, notwendig ist.

Da Bauland scheinbar knapp geworden ist, sind die bestehenden Garagenkomplexe im Radar der Kommune aufgetaucht.

Konkret ist ein Schulneubau in der Albert-Schweitzer-Straße geplant. Eine Planungsvariante sieht auch die Inanspruchnahme einer kommunalen Fläche vor, auf der sich ca. 360 Garagen befinden.

Es wird hierbei von Seiten der Verantwortlichen scheinbar teilweise die Auffassung vertreten, dass diese Garagen für Neubauvorhaben grundsätzlich unkompliziert und zeitnah »geopfert« werden könnten, da das Garagenland häufig bereits als Bauland ausgewiesen ist und dieses mit befristeten Pachtverträgen sowieso der Kommune gehört.

Wenn jedoch für einen Schulneubau gut erhaltene Garagensubstanz abgerissen wird, löst die Stadt damit zwar das soziale Problem der fehlenden Schulplätze. Gleichzeitig aber werden intakte und über Jahrzehnte gewachsene, sozial funktionierende Gemeinschaften (man trifft sich dort zum Reparieren, reden oder feiern), insbesondere aus der Schicht von Geringverdienenden und Arbeitslosen zerstört, und somit neue soziale Probleme erzeugt – zumal die Stadt keine Alternativen für die Abstellung der Fahrzeuge, insbesondere auch der zahlreichen Motorräder, bieten kann.

Protest der Garagengemeinschaften

Dieser Interessenskonflikt gewann recht schnell an Fahrt, so dass wir in Ludwigsfelde am 16. Juli 2020 den »Blauen Robur-Bus« vom rbb begrüßen durften.

Öffentlicher Protest hilft häufig, denn einen Tag zuvor gab Bürgermeister Igel (SPD) überraschend bekannt, dass die Beratungen mit dem Planungsbüro ergeben haben, dass für den Schulneubau der Standort der Garagenkomplexe doch nicht benötigt wird.

Im Interview bestätigte Bürgermeister Igel weiterhin öffentlich, dass ihm der Erhalt der Garagenkomplexe sehr wichtig sei und diese im Zuge der Planung von zukünftigen Neubauvorhaben verschont bleiben sollen. Das nennen wir doch einen großen Erfolg der Vernunft, denn warum gute Bausubstanz und gewachsene soziale Gemeinschaften zerstören, wenn es durch kluge Planung andere Möglichkeiten gibt, die erforderlichen Baumaßnahmen zu gewährleisten.