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Linksjugend ['solid] Teltow-Fläming
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Svenja Lübbert, Linksjugend ['solid]

Die geschiedenen Frauen der DDR – eine Wende zum Schlechten

(Die nachfolgende Handlung ist frei erfunden und basiert nicht auf wahrer Begebenheit. Sie dient lediglich als Beispiel.)

Leipzig 1973:

Die 32-jährige Marion W. lebt mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in einer Leipziger Plattenbauwohnung. Sie entschied sich, als sie damals schwanger wurde, Hausfrau zu sein und sich um ihre gemeinsame Tochter zu kümmern. Man nahm an es handelte sich um ein idyllisches Familienleben, bis Marion W. erfuhr, dass Ihr Ehemann sie betrogen hatte, seine Sachen packte und die gemeinsame Wohnung verließ. Nun war die junge alleinerziehende Frau auf sich alleine gestellt.

Zu ihrem Glück brachten Scheidungen Frauen in der Regel nicht in Armut in der DDR. Die Geschichte gleicht im Grunde der von 300.000 anderen Frauen. Dabei geht es nicht nur um eine gescheiterte Ehe, sondern auch um die ungleichen Behandlungen von Männern und Frauen, die für viele Frauen erst mit dem Ende der DDR anfing. In der DDR hatten Frauen die Möglichkeit, die sich um ihre Kinder kümmerten, über ein System von Zusatzzahlungen die Erziehungszeit für die Altersvorsorge anrechnen zulassen. Dazu war lediglich ein Beitrag von drei Mark pro Monat in die Rentenkasse einzuzahlen. Die Höhe der späteren Rente war losgelöst vom Familienstand. Es zählte allein, wie viel sie in den letzten 20 Berufsjahren verdient hatten.

Marion W. fing in einer Verpackungsfabrik an zu arbeiten. Sie hatte genau durchkalkuliert, was später für sie als Rente rauskam und diese war nicht schlecht. Doch dann kam die Wende. In einem neuen Einigungsvertrag wurde auch die Rente neu geregelt, und jegliche Ansprüche von Frauen wie Marion W. übersehen. Man übernahm lediglich das Modell des Westens. In der BRD wurde ein traditionelles Familienmodell gepflegt, der Mann verdient das Geld und die Frau kümmert sich um Haushalt und Kinder. Dadurch konnten Frauen nicht selbst in die Rentenkasse einzahlen. Im Falle einer Scheidung bekamen die Frauen einen Versorgungsausgleich, einen Anteil der Rente des Mannes zugesprochen, was anhand der Ehejahre bemessen wurde.

Marion W. hatte nun kein Anrecht mehr auf ihre Ansprüche, sondern bekam auch keinen Versorgungsausgleich. Ihre Rente wurde nicht mehr nach ihren Berufsjahren errechnet, sondern in ihrem Fall nach den zehn Ehejahren. Marion W. fand nach der Schließung des Betriebes schnell wieder Arbeit und konnte so noch gut über die Runden kommen und konnte selbst noch in die Rentenkasse der BRD einzahlen. So ging es aber nicht allen geschiedenen Frauen der DDR.

Mehr als die Hälfte bekommt heute noch weniger als 800 Euro und leben damit unterhalb der Armutsgrenze. Schätzungsweise müsste der Staat den in der DDR geschiedenen Frauen 120 Millionen Euro nachzahlen.

Leider sind viele dieser Frauen bereits verstorben und werden nie eine Abfindung erhalten.